Astrologische Erkenntnistheorie

Von Richard Vetter

Astrologie und Wissenschaft


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Gegen die Astrologie wird von außen immer wieder der Vorwurf der Unwissenschaftlichkeit erhoben. Astrologisches Denken sei Spekulation, Einbildung, mystisch, im Grunde Humbug, ein überholter, unhaltbarer Aberglaube. Vielerorts herrscht Unverständnis darüber, wie sich im 20. Jahrhundert intelligente Menschen überhaupt mit so etwas Irrationalem beschäftigen können. Schließlich sei man aufgeklärt und lebe nicht mehr im Mittelalter. Die Wissenschaft habe ja bewiesen, dass es sich bei Blitz und Donner nicht um das Einwirken von Göttervater Zeus handle. Nichtsdestotrotz halten die Astrologen hartnäckig an ihrem Fachgebiet als Wissenschaft fest. Sie pochen vehement auf die Tradition und – vor allem – auf ihre persönliche Erfahrung. Den etablierten Wissenschaften gegenüber fühlen sie sich allerdings chronisch in einer Position der Unterlegenheit, Schwäche und Minderwertigkeit. Häufig wird (geradezu zwanghaft) das eigene Denken und Tun zu rechtfertigen, zu verteidigen oder zu »beweisen« versucht. Paradoxer- (oder naiver-) weise legen Astrologen in Auseinandersetzungen gern selbst die Maßstäbe ihrer Gegner (der etablierten Wissenschaften) an. Dabei hätten sie solches Gebaren gar nicht nötig, ist dies der »Königin der Wissenschaften« eigentlich unwürdig.

Natur- versus Geisteswissenschaft: Der Streit in der Psychologie

Nachfolgend soll am Beispiel der Psychologie – an die sich die Astrologie zusehends annähert – aufgezeigt werden, dass die Berechtigung der (darin dominierenden) naturwissenschaftlichen Orientierung äußerst fragwürdig ist. Die Kontroverse zwischen einer physiologisch-experimentellen und einer geistig-verstehenden Psychologie begleitet diese Wissenschaft seit ihren akademischen Anfängen. Forderungen der naturwissenschaftlichen Richtung an psychologische Forschungsergebnisse sind u.a.

  • Allgemeingültigkeit
  • Objektivität
  • Nachprüfbar- und Wiederholbarkeit

Über die Seele, als Gegenstand der Forschung, sollen kausale Gesetzmäßigkeiten herausgefunden, menschliches Verhalten erklärt und vorhergesagt werden, und zwar nach dem Schema »wenn – dann« (der ursächlichen Bedingungen und daraus folgenden Wirkungen).

Der naturwissenschaftliche Ansatz, (unreflektiert) übernommen aus Physik und Biologie, setzte sich historisch weitestgehend durch. Doch die vorzeigbaren Ergebnisse der Psychologie sind bis heute (trotz oder gerade wegen dieser Methoden) vergleichsweise dürftig. Während die populärwissenschaftliche Psychologie boomt, steckt ihre »studierte Schwester« offensichtlich in der Sackgasse. Die Vorwürfe von geisteswissenschaftlicher Seite an die herrschende Psychologie weisen auf Probleme von sehr prinzipieller Natur:

Psychologie der Astrologie: Der nagende Minderwertigkeitskomplex

Zu einem der ältesten Wissenssysteme, das über einen uralten und größtenteils bewährten, ungeheuren Erfahrungsschatz verfügt, passt es eigentlich nicht, sich von den – im Grunde unreifen – Naturwissenschaften an den Pranger stellen zu lassen. Astrologie hat eine mindestens ebenso große Berechtigung wie andere Beschreibungen der Wirklichkeit. Doch der Berufsstand der Astrologen vermag den derzeit dominanten kollektiven Maßstäben, der gesellschaftlich gängigen Weltanschauung nicht zu entgehen und übernimmt einfach die Bewertungen von außen. So wird die eigene Erfahrungsweise, die eigene Weltsicht gegenüber derjenigen der Naturwissenschaft als minderwertig betrachtet, d.h. es werden eine eigentlich fremde Art der Wahrheitsfindung, externe Prüf- und Beweismethoden auf den ureigenen Wissensbereich bezogen.

Die scheinbar überzeugende Sicherheit der Naturwissenschaften fungiert als Messlatte, zu der man aufblickt. So erfolgt schrittweise ein Ausverkauf und ein Aufgeben von Grundpositionen. Der »kosmische Faktor« gilt etwa nur noch als ein Faktor unter vielen; zu berücksichtigen seien außerdem noch moderne, »wissenschaftliche« Faktoren wie Erbe, Umwelt, Milieu, Religion, Sitte, Landschaft, historische Epoche, Kultur usw.

Die Gesellschaft kann dem Astrologen als Vertreter einer offiziell überholten, primitiven Wissensform (eines Relikts aus »finsterer Urzeit«) natürlich keinen Status, keine wirkliche Anerkennung zubilligen. Doch obwohl vom Establishment verachtet oder mit Schimpf und Schande überhäuft (oft völlig unqualifiziert bzw. unter Zuhilfenahme der gesellschaftlich zur Verfügung stehenden Autorität, siehe beispielsweise in der Deklaration des Humanist <1>), biedert sich die Astrologie den wissenschaftlichen Honorabilitäten an, will – wieder einmal – Einzug an die Universitäten halten.

Doch zur astrologischen Tätigkeit gehört es mit Notwendigkeit dazu, Außenseiter, Waldschrat oder auch Kräuterhexe, nomadisierende Zigeunerin zu sein – gerade in solch materialistischer, atheistischer Epoche. Der Astrologe muss Einzelgänger, statuslos sein, damit seine Kanäle zum Transzendenten, Überpersönlichen geöffnet bleiben, damit seine Verbindung zu den Symbolen, zu Bedeutung und Sinn bestehen bleibt. Er ist »Sprachrohr der Götter«, ein Übersetzer, Mittler zwischen Himmel und Erde. Wenn er sich verweltlicht, materiellen Werten und Versuchungen erliegt, »reißt« sein »Draht nach oben«, kommen ihm seine Fähigkeiten abhanden. Es ist sogar von enormem Vorteil, außerhalb der Gesellschaft zu stehen, d.h. nicht abhängig zu sein, sich gerade nicht einbinden, geistig normieren, maßregeln oder korrumpieren zu lassen – auch nicht von der eigenen Herde/Bezugsgruppe (dem astrologischen Berufsstand). Denn wer etwas zu verlieren hat, und sei es nur seinen guten Ruf, ist nicht mehr frei, die Wahrheit zu sagen.


Fußnote:
<1> 1975 wandten sich 186 Wissenschaftler – darunter 18 Nobelpreisträger – mit einer ganzseitigen Anzeige in der amerikanischen Zeitschrift The Humanist gegen die Astrologie. BBC-Reporter wollten einige der Nobelpreisträger nach ihrer Haltung zur Astrologie befragen. Diese lehnten allerdings jede Stellungnahme mit der Begründung ab, sie hätten sich nie näher damit befasst. Carl Sagan verweigerte die Unterschrift, weil er die Deklaration für autoritär und unwissenschaftlich hielt (siehe Eysenck: Astrologie (München 1984).


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Autor: Richard Vetter

Astronova, Tübingen, 2024

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